Erkennst Du Dich in den folgenden Zeilen? Ich bin krank. Nicht akut, nicht lebensbedrohlich aber chronisch. Und das heißt: Mein Alltag ist durchzogen von Arztbesuchen, Medikamentenplänen, Rezeptabholungen, Formularen, Verordnungen, Ablehnungen. Was sich nach einer gut koordinierten Versorgung anhört, fühlt sich oft wie ein Spießrutenlauf an.

Manchmal frage ich mich, wann wir, ich, Du, viele andere im Gesundheitssystem eigentlich zu Bittstellern geworden sind.

Der Gang zum Arzt: Mehr Pflicht als Hilfe

Jedes Quartal beginnt mit demselben Ritual: Ich muss meinen Hausarzt aufsuchen nicht weil ich akut etwas brauche, sondern um meine Quartalsüberweisungen zu bekommen. Ohne sie darf ich die anderen Fachärzte nicht sehen. Obwohl diese mich teilweise seit Jahren begleiten und genau wissen, was mein Körper braucht.

Und selbst wenn ich einen Termin bekomme, warte ich oft Wochen. Bin ich dann endlich im Sprechzimmer, bleiben vielleicht fünf Minuten für mein Anliegen. Manchmal nicht mal das. Fragen? Werden knapp beantwortet. Ein zweites Anliegen? „Bitte neuen Termin ausmachen.“ Es ist, als müsste ich mich jedes Mal neu beweisen, dass ich nicht simulieren will, dass ich wirklich Hilfe brauche.

Medikamente: Wer braucht was und wer entscheidet das?

Ich nehme mehrere Medikamente. Teils schon lange. Teils wurden sie über Jahre sorgfältig eingestellt. Doch plötzlich darf ich das eine nicht mehr bekommen es sei zu teuer. Oder zu speziell. Oder zu oft verschrieben. Stattdessen ein Generikum, das anders wirkt. Oder gar nichts. Ich soll mich an meine Krankenkasse wenden, anrufen, Formulare schicken, ablehnen lassen, erneut anrufen.

Da frage ich mich: Wer entscheidet eigentlich, was für mich gut ist? Mein Arzt? Oder irgendein Algorithmus bei der Kasse? Ich bin der, der täglich mit den Symptomen lebt aber entscheiden darf ich am wenigsten.

Vom Vertrauen zur Kontrolle

Ich habe das Gefühl, dass Ärzte heute nicht mehr frei handeln können und dürfen. Sie müssen wirtschaftlich arbeiten, dürfen nicht „zu viele“ Medikamente verschreiben, nicht „zu oft“ überweisen. Und so sitzen wir beide im Dilemma: Ich brauche Hilfe und mein Arzt muss aufpassen, keine Regressforderungen zu kassieren.

Es fühlt sich an, als würde ich bei jedem Besuch etwas „erbetteln“. Als müsste ich freundlich und vorsichtig sein, damit ich bekomme, was mein Körper längst bräuchte.

Wo bleibt der Mensch?

Ich bin nicht nur eine Versichertennummer. Ich bin nicht das Kreuz auf dem Formular oder die nächste Ziffer im Wartezimmermonitor. Ich bin ein Mensch mit Ängsten, mit Verantwortung, mit Schmerzen. Und ich wünsche mir, dass ich wieder als solcher gesehen werde. Nicht als Störfaktor im Betriebsablauf.

Ich verstehe, dass das System überlastet ist. Ich weiß, dass viele Ärztinnen und Ärzte ihr Bestes geben und das unter enormem Druck. Aber genau deshalb schreibe ich das hier. Weil ich glaube, dass wir uns gemeinsam daran erinnern müssen, worum es eigentlich geht: Gesundheit ist kein Gnadenakt. Sie ist ein Menschenrecht.

Wenn Du Dich ähnlich fühlst: Du bist nicht allein.

Denn Du bist nicht der Bittsteller. Du bist der Mensch, für den dieses System eigentlich da sein sollte.

Coaching-Impuls zum Mitnehmen

Was wäre, wenn Du aufhörst, Dich zu rechtfertigen und stattdessen beginnst Dich ernst zu nehmen?

Schreibe Dir heute auf, was Du brauchst medizinisch, menschlich, organisatorisch.
Und dann: Stell Dir vor, Du darfst das fordern. Ohne Schuldgefühl. Ohne Demut.
Nur mit dem Bewusstsein: „Ich bin es wert, gehört zu werden.“